Hab einen Fernseher, laßt mich berichten. Ich werde schreien, hört zu mir, Genossen. Er ist kein Fenster zur Welt nur, mitnichten Nein, eine Tür hat man mir aufgeschlossen. Nimm, was man bringt, Neuigkeiten zuhauf, Urlaub auf Krim, danach Sturm, Henkler, Hauff. Film, siebter Teil, da verspüre ich Knast, Eß ich erst was, hab die ersten verpaßt. Jetzt bringt das Erste ’nen Wettkampf im Stricken. Langweilig, aber um neun schalt ich um. »Los, Mädchen, dalli«, die dünnen und dicken Rennen in Schürzen, ich werde fast dumm. Fernsehen macht, daß ich mitleidend werde, Wohne jetzt nicht mehr nur in einer Zelle, Zu mir herein weht der Atem der Erde, Sehe den Nixon mit seiner Schrapnelle. O Mann, o Mann: fremdes Staatsoberhaupt. Mich guckt er an und ich ihn, wenn’s erlaubt. Habe den Stuhl an den Bildschirm gerückt. Du mein Mogul, ach, ich bin so entzückt. Dann der Report von den Backaktivisten, Reden von Brötchen, hör zu intressiert. Jetzt endlich: »Dalli, Jungs«, ab auf die Pisten, Schießen und Rennen, ich bin fasziniert. Wenn du nicht fernsiehst, dann bist du bekleistert, So einer, der mit dem Boxhandschuh popelt. Weißt ja nicht, was so ein Spitzenmann meistert, Wer die verrücktesten Sachen ausknobelt. Wir-BRD, alle Spieler sind da, Zuckt mir im Zeh, mein Freund Müller, ganz nah. Ist er verletzt? Wie er geht, Interview. Seit dem Dekret bleibt die Schnapsflasche zu. Schlagermarkt am Schwarzen Meer in Bulgarien. Nur ein paar Schritte, bin ich mittendrin. Los, Mädels, los, Jungs, jetzt schmettert die Arien! Jeder will siegen, wie glücklich ich bin! Nastja bleibt bockig, wenn ich den Grund wüßte! Sie will mich samstags ins Kino mitschleifen: »Immer nur diese idiotische Kiste. Wie man so blöd sein kann, nicht zu begreifen!« Recht hat sie. Doch ich mach kaum die Tür zu, Sitzt schon der Nixon nebst Georges Pompidou. Gut, daß ich hier eine Pulle noch hab. Georges und ich trinken, doch Richard lehnt ab. Alles was recht ist, verdammt gut gelungen, Schleiche mich auf den Balkon raus ganz leis. Jungs haben spielend die Mädchen bezwungen, Kriegen jetzt grad in der UNO den Preis. Später, in einer geschlossenen Datsche, Wo sie recht aufdringlich Beistand servieren, Sehe ich weiter fern, sitz in der Patsche. Angela Davis! Ich muß protestieren. Heul doch nicht so, die Taiga ist okay, Sei lieber froh: eins null, wir-BRD. Alles wird gut, Kommissar gibt nicht auf, Und bei »Nur Mut« singen Henkler und Hauff. Alles ist prima, phantastisch gelungen, Hier gibt’s zwei Fernseher, schalt sie nur ein. Ihr meine Lieblinge, Mädels und Jungen, Euch zulieb kann man schon schwachsinnig sein.
© Reinhold Andert. Übersetzung, 1989