Gestern fiel bei mir der Hammer Und zwei Pläne auf ’nen Hieb, Wolln, daß ich mich mal ausklammer, Soll ms Ausland vom betrieb. Eß noch schnell paar kalte Fische, Dusch den Ruß mir vom Gesicht, Steh vorm Instrukteur am Tische, Höre, was erlaubt, was nicht. Weil der Lebensstandard dort noch höher steht, Daß ich da nicht in ein Fettnäpp- chen reintret, Sagt er: »Lies hier die Broschüre gründlich aus, Daß du dich dort nicht benimmst wie hier zu Haus.« Hat wie ’n Bruder mir geraten: »Nimm in acht dich Richtung West, Tückisch sind die Demokraten Dort in polnisch Budapest. Ihr System geht andre Wege, Glaub nicht, daß du das kapierst, Doch versuch es nur, Kollege, Daß du die dort respektierst. Wird dir Wodka angeboten, dann sag nee, Denn, Genossen Demokraten, ich trink Tee.« Ich erwidere darauf, kein Blatt vorm Mund, Tee macht mager und ist für mich ungesund. »Mußt nicht den Komfort begaffen, Spare, aber mach kein’ Mist. Machst uns dort doch bloß zum Affen, Wenn du nur Konserven frißt. Budapest, dort bei den Tschechen, Lebt in einer ändern Zeit. Möglich, daß sie mit euch zechen Oder nicht, aus Sparsamkeit.« Oh, in Ungarn werd ich auf den Markt erst gehn Deutsche Mädels aus Rumänien mir ansehn. Denn die Demokratinnen, sagt’ mir mal wer, Machen’s Sowjetbürgern für ’nen Null ouvert. Überall wirst du sie spüren, Diese bourgeoise Pest. Läßt du dich von ihr verführen, Endet es im Liebesnest. Die Spionin zeigt dir Brüste, Wirbt dich mit Beharrlichkeit. Sage, solch perverse Lüste Sind bei uns Vergangenheit. Kann auch sein, sie suchen ind- irekt ihr Heil, Setzen sich als Mann verkleidet ins Abteil. Pressen Dynamit in den Kor- settverhau. Prüfe, ist dein Nachbar wirklich eine Frau?« Frage, weil ich’s nicht verstehe, Ängstlich, daß ich Falsches mach: »Wenn ich an die Wäsche gehe, Kriege ich doch eins aufs Dach?« Doch den Instrukteur, beschlagen Wie er war, kriegt ich nicht klein. Fing an noch mal aufzusagen Alle Auslandsschweinerein. Ich erkläre jetzt dem aller- dümmsten Rest: Nach Bulgarien fahre ich, nach Budapest. Wenn dort Fragen kommen, gleich wird protestiert. Nicht gleich zugeschlagen, lieber agitiert. Fremdländisch kann ich nicht reden, Sicher bin ich da zu dumm. Mit dem Hammer schmied ich jeden Zu ’nem Sowjetbürger um. Ich bin doch kein Agitator, Schmied bin ich wie mein Geschlecht. Zu den Poln nach Ulan-Bator Fahren, das ist mir nicht recht. Liege neben meiner Frau und schlaf nicht ein. »Sag mal, Dussja, muß denn Ausland wirklich sein? Bin doch anders, wenn ich da bin, lauf ich weg, Auch die Sprache dort versteh ich einen Dreck.« Dussja schläft, die kleine, brave, Hat noch Lockenwickler drin. Doch sie antwortet im Schlafe: »Nöl nicht, Kolja, leg dich hin. Bist ja plötzlich so genügsam, Laß mich scheiden vom Gericht. Zwanzig Jahre war ich fügsam, »Dussja, Dussja«, mehr gab’s nicht. Hast du nicht versprochen, daß du an mich denkst, Daß du mir aus Bangladesh ein Wachstuch schenkst? Spar dir Rupien auf und sauf nicht jedesmal, Hauptsache, du bringst was, was, ist ganz egal.« Ich schlief ein und war zufrieden, Dussja lag mir zugekehrt. Und im Traum sah ich mich schmieden Hemd aus Ketten, Schild und Schwert. Ach, die haben andre Maße, Wirst gefressen, weißt du’s nicht? Ungarinnen auf der Straße Mit Gewehr und Bartgesicht. Hab geträumt von Dussjas Wachstuch, das war beige. Die Spioninnen warn frech in Bangladesh. Zu Rumänen fahr ich nur, sonst bleib ich hier, Denn die kommen von der Wolga, so wie wir. Wie sich Weiber so entfremden! Singt beim Abschied - was sie hat? Bügelt sogar meine Hemden, Sehe mich daran nicht satt. Also, Schmiede, wünsch dir Gutes, Tschüs dahinten, Eisenstab, Gegenplan sei frohen Mutes, Weil ich dich erfüllt schon hab. Und wir tranken, bis es aus den Ohren kam, Nur der Schluckauf bis zum Flugplatz war infam. Ging zur Gangway, plötzlich Bellen wie ein Schrei: »Gegen wen tauschst du uns ein jetzt, Nikolai?«
© Reinhold Andert. Übersetzung, 1989